Rezenzionen

“Die Fantasie gleicht einem Baum.

Sie hat dessen vielschichtige Eigenschaften.

Sie ist Wurzel und Zweige.

Sie lebt zwischen Himmel und Erde und sie lebt sowohl in der Erde als auch im Wind”

Gaston Bachelard

RecensioniIndem Luisa Balicco die Fäden individuellen Erinnerungsvermögens mit denen der Geschichte verknüpft und das Immaginäre mit dem Mythos verspinnt, entstehen verzauberte Orte, jardins extraordinaires, Heiligtümer, uneinnehmbare Zitadellen, in der Art des hortus conclusus, der Bäume beherbergt und Worte, Schatten und Lichtgeflimmer, Wolken und Gedanken. Dort werden Fantasiegeschöpfe und geheimnisvolle Klänge in nie dagewesener Assemblage zusammengefügt, eine Poesie schichtweise Ablagerungen, dazu Gehänge, in denen unterschiedliche Fragmente zu Sinneskatalysatoren werden, zu Wegkarten mit denen man Gedächtnislabyrhinte durchquert. Weitab aller Gemeinplätze und Auseinandersetzungen der modernen Kunst, kommunizieren diese Werke in einer geheimnisvoll dunklen und zeitlosen Sprache vermittels Natur und Kunstgriff, Stein und Metall, Blatt und Schrift und feiern alltäglich ein Wiedererstehen des Wunderbaren, des Unerwarteten, des Überraschenden. Ein überaus biographisches Werk, introspektiv vom Gedächtnis geleitet, das vom Selbst erzählt und von verborgener Wahrheit, veranschaulicht durch Gestalten und Urformen, auf welche die Künstlerin stöβt und die sie befragt bei Begegnungen mit den Dichtern, Autoren, Musikern und Malern und Werken ihrer Wahl: Dickinson, Mishima, Tanizachi, Klimt, Utamaro, griechische Tragödien, die Torah, Kerenyi, Colli, Jung, Calasso u.a. Diese Ausstellung, Luisa Baliccos erste Einzelausstellung in einem öffentlichen Ausstellungsraum, ist in zwei Gruppen unterteilt heiliger Wald und Nyphengehege, wobei beide Gruppen, wenn auch verschieden, dennoch intim miteinander verbunden sind. Die erste Gruppe umfasst erstaunliche Baumskulpturen, die mit einem Gemisch von Wurzeln mit Bändern, Räderwerk und Steinen, Zweigen und Goldfäden, Formen aus Pflanzen und Metall, Gedanken an alte und neue Riten heraufbeschwören, an verlorene Märchen oder an neu zu erdenkende,an Mythen und Legenden der griechischen Wälder, in denen Apoll und Artemis zu Hause sind,oder in denen Galliens, wo die Druden ihren Göttern begegneten, um ihnen zu huldigen, und an weit entfernte andere Wälder, gelegen an den Toren Orions, denn von den Bäumen, die die Erde vertikal mit dem Himmel verbinden und Heiliges mit dem Profanen und Sichtbares mit dem Unsichtbaren, erbaten sich die Menschen von Alters her Schutz und Beistand, Eingebung und Rat. Das bestätigen Darstellungen von symbolischer Prägnanz, wie der Baum des Lebens, der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse, der Baum der Kabbala, der kosmische Baum oder Axis Mundi, der sich selbst mit der Zeit eine Form gibt, welche sich der Wechselhaftigkeit des Windes verschließt (Rainer Marie Rilke). In archaischer Zeit stellten die heiligen Stätten den Kosmos in Miniatur dar mit Bäumen, Steinen und Wasser, ein heiliger Ort, der einen Altar, einen Stein und einen Baum einschloss, so wie sie in Indien noch heute zu finden sind, ähnlich dem Baum, unter dem Buddha sich niederließ, sein individuelles Selbst aufgab und erleuchtet wurde. Die Gruppe mit den Gärten der Nymphen bringt die Vorlieben der Künstlerin in Einklang; der Garten, als Gemisch von Natur und Kultur, Kontemplation und Meditation,und die stetige Anziehungskraft, die weibliche, aus Mythen geschaffene Gestalten, ausüben: hier sind es die Nymphen (altgriechisch: junge Mädchen), faszinierend und gefährlich, ungreifbar, und kurzlebig, gerade sah man sie noch im silbernen Glitzern des Flusses und im Unterholz, doch in einem Wimpernschlag sind sie zerronnen. In dieser kostbaren Bilderserie, hier zum ersten Mal ausgestellt, verzaubert diese glitzernde geheimnisvolle Welt, die heraufbeschworen wird durch Kombinieren und Übereinander von Goldfolien, hauchdünnem Papier und Reispapier und verschleierten Farben in raffinierten Tönungen von violett, grün, blau und orange. Das Ergebnis ist, außer abstrakt und informel und Huldigung der Tradition östlicher Kunst (von Byzanz bis Japan), ein Gewebe aus Glanz und Klängen, aus Düften und Lichtreflexen. das an traufnasses Unterholz und durchtränkte Blumen erinnert, dem Mondlicht und den Nymphen gleichermaßen zum Gefallen.

 

Enrico De Pascale – ph. Federico Buscarino

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Skulpturen und Verborgene Botschaften

Ein “temporary shop”, der Kunst gewidmet.
Malerei, Installationen, Papier, Bücher und geheimnisvolle Gärten.

Recensioni“Der Steingarten. Eine große Insel aus Metall, glatt und gegliedert, der Garten zweigeteilt, gemeißelte Steine, geborstene Spalten, aus denen rote Wurzeln ragen, und in die rote Wurzeln eindringen.”

 

Während Luisa Balicco ihre Arbeit an den Gärten beschreibt, steigen Bilder in mir auf von anderen Gärten und anderen Welten, ideell bewohnt von der großartigen Künstlerin, die Louise Nevelson einst war.

Ukrainerin, in den Vereinigten Staaten eingebürgert, 1904 geboren und durch ihre abstrakt-expressiotischen Arbeiten weltbekannt. Ihre “Kästen” mit Ansammlungen ausrangierter Gegenstände, die einander zugeordnet, etwas ganz Anderes darstellten. Louise Nevelson verwendete alltägliche Dinge, vom Verbrauch ausgenommen,um durch Assemblage Neues ins Leben zu rufen, totemartige Werke voller Zeichen und ikonegraphischer Anspielungen, welche in ihrer Zeit von vielen nicht erkannt wurden, aber heute als großartige Kunstwerke gewertet werden.

Oft wiederholte sie: “Wenn du Dinge zusammenfügst, die andere weggeworfen haben, dann erweckst du sie zu neuem Leben... schaffst ihnen ein geistiges Dasein, welches ihr ehemaliges Dasein übertrifft”.

Dieser Gedanke liegt auch den Werken Luisa Baliccos zugrunde, die mit Louise Nevelsons Augen auf ihre Gärten blickt und sagt: der Garten ist in zwei geteilt, von einem Schwert durchtrennt, draußen eine Sterneninsel und eine Mondwarte. Das Tor reckt sich unangetastet hoch auf, bewacht vom Schatten des Ahnherren.

Und ich denke, es ist doch seltsam, dass irgendein menschenähnliches Wesen jenen unzugänglich ablehnenden Garten bewohnt.

 

Alessandra Corti – ph. Federico Buscarino

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Dreifache Dimensionen, Malerei, Aufstellungen, Papier

Einzelausstellung Luisa Balicco - Provinz und Ausstellungen, Mai 2011

RecensioniZum ersten Mal wird ein temporary store in Bergamo zum Ort der Kunst.

“Der Steingarten. Eine große Insel aus Metall, glatt und gegliedert, der Garten zweigeteilt, gemeißelte Steine, geborstene Spalten, aus denen rote Wurzeln ragen, und in die rote Wurzeln eindringen”.

Während Luisa Balicco ihre Arbeit an den Gärten beschreibt, steigen Bilder in mir auf von anderen Gärten und anderen Welten, ideell bewohnt von der großartigen Künstlerin, die Louise Nevelson einst war.

Ukrainerin, in den Vereinigten Staaten eingebürgert, 1904 geboren und durch ihre abstrakt-expressiotischen Arbeiten weltbekannt. Ihre “Kästen” mit Ansammlungen ausrangierter Gegenstände, die einander zugeordnet, etwas ganz Anderes darstellten. Louise Nevelson verwendete alltägliche Dinge, vom Verbrauch ausgenommen,um durch Assemblage Neues ins Leben zu rufen, totemartige Werke voller Zeichen und ikonegraphischer Anspielungen, welche in ihrer Zeit von vielen nicht erkannt wurden, aber heute als großartige Kunstwerke gewertet werden.

Oft wiederholte sie: “Wenn du Dinge zusammenfügst, die andere weggeworfen haben, dann erweckst du sie zu neuem Leben... schaffst ihnen ein geistiges Dasein, welches ihr ehemaliges Dasein übertrifft”.

Dieser Gedanke liegt auch den Werken Luisa Baliccos zugrunde, die mit Louise Nevelsons Augen auf ihre Gärten blickt und sagt: der Garten ist in zwei geteilt, von einem Schwert durchtrennt, draußen eine Sterneninsel und eine Mondwarte. Das Tor reckt sich unangetastet hoch auf, bewacht vom Schatten des Ahnherren.

Und ich denke, es ist doch seltsam, dass irgendein menschenähnliches Wesen jenen unzugänglich ablehnenden Garten bewohnt.

 

ph. Eugenio Buccherato

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Luisa Balicco (Bergamo 1946)

RecensioniLuisa Balicco (Bergamo 1946), seit mehreren Jahren lokal und national künstlerisch aktiv, ist von exzentrischer, schwer einzuordnender Persönlichkeit. Ihre Arbeiten, in einer Synthese von Malerei, Graphik und Installationskunst konzipiert, zeugen von mannigfachen Interessen, zu denen Literatur genauso gehört wie Musik, Dichtung und Kunstgeschichte. Als gebildete, unermüdlich Reisende, hat sie sich in eigener Regie eine Zeichensprache und Farbsymbolik angeeignet, in der sich Zeichen und archetypischen Formen mit Malerei und Schrift verflechten, wobei letzterer die zweifache Bedeutung von Zeichen und Sinn zugesprochen wird, als Verwahrung des Gedächtnisses der Zeit und der Prophetie. Ihr Werk, unverkennbar mit der Welt der Bücher und der geschriebenen Seite verbunden, verwirklicht eine Poetik der Anhäufung, Schichtung und Kopplung, in der sich unterschiedliche Fragmente (Papier, Gewebe, Goldfolie, Blätter, Konkretionen u.a.) zu faszinierend geheimnisvollen Labyrinthen, Gärten, und Wegkarten des Geistes zusammenfügen. Die von Luisa Balicco erschaffenen Kunstwerke würdigen vor allem auf überraschende Art die Verwandlungseigenschaften des Papiers, das die Künstlerin von jeher manipuliert und verwandelt, weil sie ihm als ausdrucksvolles Hilfsmittel den Vorrang gibt. Vom leichten Papier bis zu schweren Bögen aus Reispapier, vom Packpapier und Papiertapeten zu Papyrusbögen und gebrauchtem Einwickelpapier für Essbares, es gibt schlicht kein Papiermaterial, das Luisa Balicco nicht ausprobiert hätte, sei es geschichtet kombiniert, verklebt und verpresst, oder zerknüllt, zerfetzt, oder auf schmale Streifen reduziert. Ihre erste Begegnung mit dem Zellstoffbrei und den Verarbeitungstechniken liegt einige Jahre zurück und fand im Labor “Il Navile” in Bologna statt, (Eigentümerin Renata Giannelli) zwischen Wannen voller weichem Brei mit Farben aller Art, die ihr sowohl körperlich als geistig ein ungewöhnliches Wohlgefühl vermittelten, An diesem Ort hat sie ein heimliches Tagebuch begonnen, indem sie in den Zellstoffbrei untereinander ganz verschiedene Materialen eingab, die ihren fantastischen Vorstellungen und Erleben als Frau, Intellektuelle, Künstlerin und Lehrerin entsprachen. In der feinen Architektur der Papierbögen hat sie Einschnitte vorgenommen und Durchbrüche geschaffen, hat neue Aspekte und neue Fragmente ans Licht gebracht, Teile einer unterbrochenen Rede. Einige dieser Papierbögen hängen wie Kleidungsstücke an Bügeln oder wie Banner von hohen zierlichen Türmen, wieder andere haben große und kleine Bücher formiert, von Worten und Farben durchbohrt, Geflüster und jähes Leuchten, indem stets die außergewöhnlichen Eigenschaften des Materials hervorgehoben werden, mit seiner Last rebellischer und unberechenbare Falten, Blasen und Kreppungen, Schwellungen, Senkungen und Kratern, aus deren Tiefe uns andere Welten anblinzeln und immer neue Überraschungen versprechen. Der Zauber dieser geheimnisvoll aufblitzenden Welt wird heraufbeschworen durch Kombinieren und Übereinanderschichten von Ablagerungen, Farbgrundierungen in von ihr meistgeliebten Farben: violett, rot, und schwarz. Das Ergebnis ist ein geschicktes Gewebe aus Lichtern, Tönen und Glanz, Ebenbild der Künstlerin, ihr Analogon in Ausdruck und Beschaffenheit. Die Künstlerbücher neuesten Datums bestehen aus komplexen Lesepulten, entworfen und ausgeführt von geübter Hand. Hierbei handelt es sich nicht einfach um Lesestützen, sondern um unerlässliche Teile des Werkes, die einerseits dazu bestimmt sind, es durch plastische Formgebung zu bereichern, und andrerseits sollen sie dem forschend-lesend Beobachter eine neue Art und einen ganz anderen Ansatz zum Lesen vermitteln. Weitab aller Gemeinplätze und Auseinandersetzungen der modernen Kunst, kommunizieren diese Werke in einer geheimnisvoll dunklen Sprache anderer Zeiten, wo Natur und Kunstgriff alltägliches das Wiedererstehen des Wunderbaren, Unerwarteten, Überraschenden feiern. Ein überaus biographisches und introspektives Werk, Zeuge der intellektuellen und kreativen Wandlungen der Künstlerin im Laufe der Zeit (am musischen Gymnasium in Bergamo lehrte sie Disziplinen der Malerei von 1970 bis 2005).

 

Enrico De Pascale – ph. Federico Buscarino

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“Nur um das Herz zu befreien”

Luisa Baliccos Inselgärten

RecensioniEin hiesiges temporary shop beherbergte Luisa Baliccos letzte Ausstellung und präsentierte ihre Arbeiten wie eine Satellitenkonstellation verstreut im Weltall, als Ballung komplexer Formen und Zeichen, die den Betrachter aufforderten, von einem Werk zum nächsten überzuwechseln, indem er, ohne es wahrzunehmen, unwiderstehlichen Bahnen folgt. Wie Stationen konzipiert, plastische Kernstrukturen, verschiedenartig und doch miteinander insgeheim verbunden, umfasste die Ausstellung rund ein Dutzend Werke, angeordnet entlang der Wände, mitten im Saal und in der Schaufensterecke zur Strasse hin, einem “Wandermodell” der Nutznießung folgend, wo jedes Werk sowohl selbstständig als auch Teil eines Ganzen ist, unabhängig, doch in versteckter Wechselbeziehung mit anderen. Die Werke standen erhöht auf grazilen. Metallstäben im Raum und kommunizierten, den Abstand übergreifend, miteinander, so als ständen die Inselwerke im Zusammenhang, wie eine in sich geschlossene Struktur, jedoch gleichzeitig nach allen Seiten hin offen wie ein Archipel. Dieser Eindruck wird noch durch die Physiognomie einiger Werke verstärkt, die, in der Art von Atollen, auf gläsernen Plattformen ruhend, Naturkomponenten beinhalteten, die direkt der Wirklichkeit entnommen wurden (Steine, Muscheln, Zweige, Wurzeln, Blätter, Federn, getrocknete Früchte und Blumen u.a.) und sich untereinander zu verständigen scheinen, rätselhaft verflochtene mysteriöse Formen – in der Art von Stelen, Bannern, Kuppeln, Toren, Gesenken, Zinnen – kreiert aus Kupfer, Bronze, Silber, Gold, Knochen, Holz, Stein. Das ausgesuchte Zusammenspiel erdachter und existierender Formen, natürlich die einen, künstlich die anderen (modelliert, im Relief oder gedrechselt) gehören von Anfang an zum modus operandi der Künstlerin, deren Ziel es ist, fantastische Mikrowelten zu erforschen, indem sie nicht nur unterschiedlichen Materialien miteinander kombiniert (Pflanzen und Minerale, Metall und Papier, Glas und Federn) sondern auch mit unterschiedlichen Techniken arbeitet (Malerei, Skulptur, Installation).

Weit entfernt von Gemeinplätzen und Auseinandersetzungen der modernen Kunst, teilen sich diese Werke in einer geheimnisvoll dunklen und zeitlosen Sprache mit, wo aus Naturalia und Künstlichem, aus Muscheln und Zeichnungen, nie gesehene accrochages entstehen, vergleichbar nur mit gewisser Literatur des Fantastischen, mit mythologischen Erzählungen, manieristischen Bizarrerien, oder mit der Poesie und Graphik der Surrealisten. Read more...

 

Enrico De Pascale – ph. Sara Luraschi

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Für Luisa und Rosi

von Rosangela Pesenti

RecensioniF. de Quevedo, ein spanischer Dichter des 16. Jahrhunderts. schrieb: “Ich werde zu Staub, doch zu liebendem Staub”.

Und Lella Ravasi, die ihn in einem ihrer Bücher zitiert ( 1 ) schreibt:

“Dank Beistands großer Liebe kommen wir ins Leben, und im Beistand grosser Liebe können wir aus dem Leben gehen; es macht Kopfzerbrechen, Angedenken davon zu hinterlassen”.

Dieses Geheimnis birgt die Mutterbeziehung. Luisa erzählt die Beziehung zu ihrer Mutter vermittels rotem Lack und Gold, leuchtend wie ein Herbsttag zur Mittagszeit, Farben und undurchdringliche Schatten, Mannigfaltigkeit der Pigmente und Materialien, die weich wie Samt einen jeden liebkosend umfangen beim Abstieg ins Seelendunkel über unvorhergesehene Treppen.

Licht und Schatten im Nahkampf, asymmetrisch, bis zuletzt die Verschiedenheit durch Vertraulichkeit ersetzt wird und stilles Vertrauen die Oberhand gewinnt.

Wir zelebrieren einen laizistischen Kult des Lebens und Ablebens, getrennt in Worten, die jedoch im Gefühl seiner selbst, sowie in der Kenntnis des Körpers, ein Ganzes bilden, und uns gedanklich vor dem Ärgernis der fortdauernden körperlichen Veränderung schützen.

Auf geheimnisvolle Art entstammen wir einem Mutterschoss, der weit zurückliegende Geschichten in sich trägt, aufgelesen längs der Pfade eines Geschlechts, das schwache Erinnerungen an die Ursprünge hegt; und wir befinden uns auf dem Weg ununterbrochener Wandlung, über die wir bis zuletzt nur wenig und Ungewisses zu sagen wissen.

Luisa erzählt in ihren Werken von der Liebe, jenem zeitlosen Mysterium, durch das wir in die Zeit kommen, und das uns nicht nur in die Lebenszeit einbettet sondern auch in den tiefen Zeitsinn, der im Stein ist und Baum, Flügelschlag, Flüstern, Kaleidoskop, Rauschen der Sterne.

Hier, in Anlehnung an Worte der Mutter, von Rosi, bändigt Luisa gespenstische Erscheinungen im Kleinformat eines Heftes, in dem sie mit Lichtschwingungen und auflodernden Schatten Rosis ungelenke Schriftzüge begleitet und uns auf diese Art den Sinn einer Trennung vermittelt, die Erfüllung wird.

Ein Heft begrenzt den Abstand zwischen Händen und Blick, und gleicht einer Tür, die immerfort geöffnet und geschlossen werden kann

Wer dieses Heft öffnet, merkt, dass er dem Wort nahe und in Stille eingehüllt ist: essentiell, rein, schamhaft sind Rosis liebevolle Worte, in denen auch wir uns wiederfinden, aufgrund der Zuneigung, die jeder in sich von Neuem entdeckt wie die Liebe zu einer Stadt oder einem Kind: in der Farbdichte, die Luisa mit sicherem Pinselstrich verschwenderisch austeilt, sind wir von Stille umgeben als befänden wir uns in einem verzauberten Garten, wo die Begrenzung geliebter Tage keine Verzweiflung in sich birgt, und das Warten auf die Dunkelheit zu jener Geduldsübung wird, die gewiss Ursprung jeder Schrift ist und uns erneut ermahnt, Denken und Leben dem Rhythmus unseres Seins anzupassen.

Da ist eine Erbschaft, die man erst dann erhält, wenn der Trennungsschmerz voll und ganz überwunden ist, ein Wissen, das man nur erhalten und weitergeben kann im Bewusstsein menschlicher Beziehungen und menschlicher Nähe. Wo sich Körper neu erkannt haben, geben uns Worte und Farben Zeugnis vom Unsagbaren, von verlockenden Zusicherungen fuer die Möglichkeiten unseres Lebensweges.

Eine Zuwendung für Luisa und gute Wünsche für uns alle, die Worte ihrer Mutter.

 

(1) Silvia Lagorio, Lella Ravasi, Silvia Vegetti Finzi - If we are the earth (Se noi siamo la terra). Il Saggiatore 1996

Für Luisa und Ignazio

von Rosella Morri

# I'm often with Luisa and Ezio, in important trips or simple walks. On those occasions I could watch them now to dwell on a stone, now on a branch or a trunk; I observe what in their curious and sympathetic eyes already had its reason and its location. My generation, just next to them, ended the period of the patient research of Le Corbusier and of the artists of the twentieth century.

And from that season we all projected ourselves into impatient research. Everything was suddenly Post and everything had to declare its novelty and its temporariness. But times change, and now many have returned to the patience of the ancient, the oldest ones: pickers, weavers, craftsmen of gold, iron and bone.

And so I was able to assist with pleased surprise to the myth that comes back, that myth is the story of us, of our deepest and most secret part. Myth, patient extraction of an ancient wisdom of colours textures and materials. The myth of doing. Professor Sini says that art is what is not inert, what does not stand still, what “ dance”, what has rhythm. This is what I have witnessed during these long months of work and research: what we see is the dance of the one into the other than self. Their house is slowly becoming the forge of Ephesus and the threshing floor of Psyche separating the bran from the wheat. The ancient ritual that is expressed in gestures repeated with patience and silence, a concrete form of an intimate conversation.

The male element becomes the support and completion of a web of female meanings from which it cannot separate. In this exhibition we see the unity of thought which is expressed in the difference.

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